2024 – STREIFLICHTER – SCHATTENRISS

   

STREIFLICHTER – SCHATTENRISS

28. 9. - 30. 10. 2024
Galerie am Kietz, Schwedt
Ute Wennrich
Helga Wagner

Der eigentliche Zustand im Kosmos ist die Dunkelheit, die Schwärze, aus der Sonnen, Sterne als leuchtende Punkte – so unsere Wahrnehmung – hervortreten. Wir haben das große Glück auf einem Planeten zu leben, der im Kosmos einen Platz einnimmt, der durch seine Laufbahn um die Sonne und der Drehung um seine eigene Achse einen Wechsel von Hell und Dunkel, von Tag und Nacht ermöglicht. Schon in der Genesis wurde das Phänomen des Lichtes gepriesen, wobei zuerst das Dunkel war. Und Licht hat neben anderen Faktoren maßgeblich dazu beigetragen, dass sich Leben auf unserer Erde entwickeln konnte.
Gerade der Wechsel von Licht und Schatten spielt eine besonders wichtige Rolle für das Leben. Damit gewinnen Bewegung, Rhythmus, auch der Faktor Zeit, eine große Bedeutung. Licht selbst ist Bewegung, nämlich Wellen in Spektralfarben, Licht lässt uns Dinge erkennen, die den Schatten brauchen um plastisch wahrgenommen zu werden.
Streiflichter erhellen für Augenblicke einen Ort oder eine Szene, ein Aufflackern, dann ist es vorbei. Zurück bleibt eine visuelle Erinnerung oder ein kurzer Eindruck.

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Beide Künstlerinnen setzten sich in vielfältiger Weise mit diesen Phänomenen auseinander und haben hierzu diese Ausstellung gestaltet.
So nimmt Helga Wagners Installation Schatten fliegen voraus – zwischen den Welten neben der Stofflichkeit des Materials Kupferdraht genau diesen Aspekt der Bewegung und damit eines zeitlich bestimmten Rhythmus in den Blick. Neben dem visuellen Aspekt der Schattenbildung spiegelt diese Arbeit in besonderer Weise immer einen Zeitausschnitt wider, den der Betrachter in seinem eigenen Kontext wahrnimmt.
Auch bei Ute Wennrich spielt der Rhythmus von Hell – Dunkel und die Bewegung eine zentrale Rolle. So sagt sie zur Entstehung der hier gezeigten Zeichnungen, wie Quasi schwarze Löcher oder Heer – Scharen: “Der Stift hüpft und tänzelt über das Papier, hinterlässt mit jedem Punkt einen feinen Tropfen Tusche auf seiner Spur. Wie im Tanz bewegt er sich in kleinen Hüpfern und großen Sprüngen dahin und in seinem Takt ballen sich die ungezählten Punkte zu weiten oder dichten Flächen zusammen.“
Im Mikrokosmos des Punktes liegt eine ganze Welt und mit dessen Reihung und Überlagerungen entstehen Flächen in verschiedenen Grautönen, die eine malerische und zugleich transparente Anmutung haben.
In der Ausstellung sind neben Papierarbeiten zwei wesentliche Materialen zu sehen. Bei Helga Wagner ist es der Kupferdraht und bei Ute Wennrich sog. Rocailles, winzige Glasperlen. Beide Materialien kommen aus der Erde und spiegeln ihre Entstehungsgeschichte wider. Licht und Schatten sind unverzichtbare Bestandteile ihrer Installationen und Objekte, in denen Transparenz erkennbar wird, im optischen wie auch im metaphorischen Sinn.
Zugleich beschäftigen sich beide Künstlerinnen in einigen hier gezeigten Arbeiten mit den schier unfassbaren Dimensionen der Galaxien in denen sich unser Sonnensystem als eine kleine Einheit bewegt. So erscheinen in Ute Wennrichs GalaXia 1 in der Dunkelheit Leuchtpunkte wie von Sonnen und vermitteln damit das Gefühl einer enormen Weite. Während in der Arbeit Galaxie von Helga Wagner ein Gefühl der schnellen Bewegung zum Ausdruck kommt, mit denen Himmelskörper durch den Raum rasen.
Wahrnehmbar sind solche Himmelsphänomene von der Erde aus nur in der Dunkelheit, womit die Bedeutung des Schattens deutlich wird. Inzwischen leben wir in einer Zeit, in der das künstliche Licht in sehr starkem Maß unseren Alltag bestimmt. Wir sprechen häufig dabei von Lichtverschmutzung.
Schon Anfang des letzten Jahrhunderts beklagte Tanizaki Jun’ichiro in seinem Essay “Lob des Schattens“ wie der Einsatz von sehr viel künstlichem Licht, die Wirkung und damit Wahrnehmung von Innenräumen japanischer Häuser zum Nachteil verändert. Vielleicht sollten Schatten und Dunkelheit wieder etwas mehr in unser Bewusstsein rücken.
Liebe Gäste, diese Gedanken werfen nur Streiflichter auf das Gezeigte und sind als kleine Anregung zu verstehen. Wir laden Sie auf einen spannenden, sinnlichen Rundgang durch die Ausstellung ein und freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Ute Wennrich