Ausstellungen
- 2024 – LEICHT – FEST
- 2022 – Stillstand und Wandel
- 2021 – Geometrie des Zufalls
- 2020 – Unter der Kuppel des Windes
- 2020 – Portrait-Video
- 2018 – Santa Certa
- 2018 – Werenzhain
- 2017 – Light and Shadow
- 2017 – Im Schatten des Lichts – …auf die Barrikaden
- 2016 – noir
- 2015 – Alles Papier
- 2015 – Alles Papier – Video
- 2014 – Widerhall der Stille
- 2013 – Von Einzellern …
- 2000 – Raum der verdichteten Zeit
- 1999 – Gedanken- spielräume
LEICHT – FEST
spiel der gegensätze
2024
altelierhof werenzhain
Doberlug-Kirchhain
Ute Wennrich
Helga Wagner
Als Künstlerin über die eigene Arbeit zu sprechen ist nicht ganz einfach, aber ich will es versuchen.
LEICHT – schwer
FEST – flüssig
Sind das Gegensätze? Oder doch eher Zustandsbeschreibungen, um sie für uns erkennbar zu machen und damit in ein Bewertungssystem einordnen zu können?
Häufig bedingen sich diese Aggregatszustände oder vereinigen sich sogar im selben Material.
Die beiden Materialien Kupferdraht und Glas, die hier in der Ausstellung schwerpunktmäßig zu sehen sind, sind dafür gute Beispiele.
Beide kommen aus der Erde, sind hart und schwer, benötigen im Verarbeitungsprozess sehr viel Energie, verflüssigen sich und sind nach Abkühlung wieder fest. So ist für die Gewinnung von Kupfer ein aufwendiger Prozess erforderlich, in dem leider häufig auch umweltbelastende Reststoffe in die Umwelt gelangen.
Glas entsteht aus flüssiger Erde, so ist der Obsidian ein natürliches Glas vulkanischen Ursprungs. Grundstoff für das Glas sind Silikate, die geschmolzen mit Zusätzen einen Kristallisationsprozess beim Abkühlen durchlaufen. Die Färbung des Glases wird durch verschiedene Metallbeschichtungen erzielt. Diese Metalle sind Substanzen, die ebenfalls in der Erde vorkommen.
Der Titel LEICHT – FEST Spiel der Gegensätze
ist daher für unsere Ausstellung symptomatisch: so sind Helga Wagners sehr leichte, transparente, schwebende Kupferdrahtarbeiten den etwas festen Glasarbeiten von Ute Wennrich gegenübergestellt.
Zugleich sind es nur vordergründig Gegensätze, denn Kupferdraht hat trotz seiner Biegsamkeit eine Festigkeit, die mit größerem Durchmesser steigt und der Härte, Sprödigkeit von Glas ist diesem Material auch Transparenz, Leuchtkraft eigen. Aber genau diese Ambivalenz ist das Faszinosum, die zum experimentellen Umgang herausfordert.
So sagt Anselm Kiefer in einem Gespräch mit Ferdinand von Schierach sinngemäß, dass er eigentlich ständig spiele, und dies seit seiner Kindheit in der Trümmerlandschaft der Nachkriegszeit.
Ein wesentliches Merkmal des Spielens ist Neugier, Offenheit für Neues und das Ausprobieren von Möglichkeiten, das auch das Scheitern, das Verwerfen von Ergebnissen einschließt.
Ich denke, Spielen und Experimentieren sind auch für unsere Arbeitsweise ein wichtiger Ausgangspunkt. So nenne ich die einzelnen Assemblagen des Archivs der Überbleibsel Versuche, weil es immer mehrere Möglichkeiten gibt. Darüber hinaus erzählen sie Geschichten, die mit meiner Vergangenheit und künstlerischen Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt zu tun haben.
Diese spielerische Herangehensweise zeigt sich auch in Helga Wagners Arbeiten der packages. Sie benutzt dazu Verpackungsmaterial und Hilfsmittel, die zum Teil durch ihre Arbeitsweise in anderem Zusammenhang entstanden sind. Sie finden sich zu einer sehr luftigen Installation Flugpost auf der Wand im 1. Raum zusammen. So sagt sie selbst: „Verpackung wird Kunst, die Kunst ist Verpackung.“
Beide Arbeiten – Flugpost und Archiv der Überbleibsel im 2. Raum benutzen Reste und recyceln diese zu etwas ganz Anderem, ganz Neuem. So treten beide Installationen in einen Dialog, obwohl deren Einzelteile nicht unterschiedlicher sein könnten.
Viele der Drahtobjekte bezeichnet Helga Wagner als Raumzeichnungen oder gar als Denken mit Draht, bei denen Licht und Schatten eine bedeutende Komponente derer Existenz ist. Es sind (ich zitiere) “Zeichen und Zeichnungen aus Kupferdraht, sie ragen von der Wand in den Raum, schweben von der Decke, stehen skulptural auf Podesten, sie verändern sich mit dem Licht und dem Perspektivwechsel der Betrachter.“
Das Licht spielt bei den Glasarbeiten Ute Wennrichs ebenfalls eine herausragende Rolle. So verändern verschiedene Lichtsituationen die Farbigkeit des Wandreliefs LOST INNOCENCE oder der 9-teiligen Figurengruppe Wächter meiner Ichs.
Mit dieser Figurengruppe wird spielerisch der Frage verschiedener Identitäten nachgegangen: Wächter meiner ICHs – Ein Spiel der verschiedenen Ichs als Realität oder gar: Ich, eine Illusion?
Womit wir wieder zum Schluss beim Spielen sind:
Auch Sie als Betrachterinnen und Betrachter des „Werkgebildes“ wie Hans-Georg Gadamer sagt, treten in dieser Interaktion als Mitspieler auf.
Er sagt dazu in seinem Essay Die Aktualität des Schönen:
“….. Die Einführung des Begriffes des Spieles hatte gerade die Pointe, zu zeigen, dass jeder bei einem Spiel Mitspieler ist. Das soll auch für das Spiel der Kunst gelten, dass es hier prinzipiell keine Trennung zwischen eigentlichem Werkgebilde der Kunst und dem, von dem dieses Werkgebilde erfahren wird, gibt. …“
In diesem Sinne begleiten wir Sie gerne auf Ihrem Spaziergang durch die Ausstellung und freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, denn es gibt sicherlich noch viel mehr zu entdecken, als das hier Angesprochene.
Zum guten Schluss: einen herzlichen Dank an Iris Stöber und Ihr Team, die uns die Ausstellung ermöglicht und beim Aufbau tatkräftig unterstützt haben.
Ute Wennrich